Myanmar - das Land der tausend Pagoden Drucken
Geschrieben von: Lutzi   
Dienstag, 12. Januar 2010 um 15:58

Myanmar – das Land der tausend Pagoden

Nach mittlerweile vier Wochen in Myanmar bin ich tief beeindruckt und bewegt von der Freundlichkeit und Offenheit der Burmesen. Insbesondere wenn man bedenkt mit welchen Repressalien hier die Bevölkerung zu kämpfen hat und nicht nur freie Meinungsäußerung absolut gefährlich werden kann. Und so erlebe ich tagtäglich ein Inneres Auf und Ab, lass mich gerne anstecken von ihrem ehrlichen unverstellten Lachen, ihrer Gelassenheit und Ruhe, ihrem enormen Bemühen es einem recht zu machen. Auf der anderen Seite sehe ich die große Armut im Land und höre schauderhafte Einzelschicksale. Oft habe ich das Gefühl, mich in einem großen Freiluftmuseum zu befinden. Hier ist es an der Tagesordnung, dass man mit einem Ochsenkarren zum Markt fährt und eine Pferdekutsche als Taxi nimmt; man sich am Dorfbrunnen zum Waschen trifft oder sich in unglaublich voll beladene Tuck-Tucks, Busse oder Trucks zwängt. Ich habe nur selten derart überladene Gefährte gesehen.

Schwer nachzuvollziehen sind auch die Diskrepanz dieser Armut und der Glanz der unzähligen vergoldeten Pagodas und Tempel. Sehr viele Burmesen leben in einfachsten Bambushütten, pflügen ihre Reisfelder mit Ochsen, dreschen ihr Getreide, indem sie dies büschelweise auf einen Stein klopfen, ernten mit Sicheln das hohe Zuckerrohr. Trotzdem geben sie viel für ihr Seelenheil: sie kleben Plattgoldblättchen an Buddhas und Pagoden; spenden Geld für buddhistische Anlagen, um diese zu renovieren oder neu erbauen zu lassen oder geben täglich den Bettelmönchen Essen.

Etwas Einblick in das Klosterleben konnten wir erfahren, da wir auf unserer Radrunde oft in Tempeln übernachtet haben. Denn hier ist es wie in lizenzierten Hotels Ausländern erlaubt zu übernachten.
Außerdem bietet Myanmar viele vor allem kulturelle Highlights. Besonders fasziniert hat mich die Tempelanlage in Bagan, wo sich mitten in einer steppenartigen Landschaft rund 2000 noch bestehende Tempel erheben; mystisch, kraftvoll, kaum zu beschreiben.

Anlässlich des stattfindenden Ananda-Tempelfestes kamen hunderte Einheimische in Ochsenplanwagen angereist und wir hatten das Gefühl im Wilden Westen gelandet zu sein. Leider hat man uns hier die Schuhe vor meinem Lieblingstempel geklaut und seitdem haben wir uns dem burmesischen Kleidungsstil angepasst und radeln nun mit Flip-Flops.

Silvester feierten wir mit Freunden am Inlesee, der bekannt ist aufgrund der einbeinig rudernden Fischer des Inthastammes und deren Stelzenhäusern sowie den sogenannten schwimmenden Gärten, auf denen sie Gemüse und Blumen züchten. Für mich ein idealer Platz um mal Ferien von der Reise zu machen.

Auch Mandalay gefällt uns super, auch wenn es dort staubiger, hektischer, lauter… aber eben auch deutlich lebhafter zugeht. Dem Treiben kann man herrlich entspannt von einem der vielen Teehäuser zusehen. Auf niedrigen Hocker sitzend gibt es v.a. am Morgen Samosas oder andere aus Fett gebackene Leckereien, z.T. mit Kokus gefüllt. Um diese Kultur sind wir auch besonders froh, wenn wir mit dem Rad auf Tour sind und der mittäglichen Hitze entkommen können. Landschaftlich ist Myanmar doch recht abwechslungsreich. Heisse, trockene Steppe wechselt sich ab mit den bewaldeten Huegeln im Shanplateau, den suptropischen Waeldern im Norden, Flusslandschaften und Reisfelder in den Ebenen, gruene Alleen...

Die letzten Tage unternahmen wir einen Abstecher in die Stadt Myitkyina, in der das alljährlich Manau- Tanzfest stattfand. Mit dem Zug ging es rund einen Tag in sehr gemütlichem Tempo gen Norden. Da die Gleise allerdings vom Staat kaum in Schuss gehalten werden, wird man ordentlich durchgeschüttelt und bei nicht mehr als 50 km/h kann man sich locker aus dem Fenster, mehr einer Luke gleichend, lehnen. Weil mit uns zudem sehr viele Einheimischen reisten, waren die Abteile und Gänge gerappelt voll. Jedenfalls hatten wir auf dem Tanzfest Gelegenheit, viele verschiedene Volksstämme und deren Trachten zu sehen. In Reihentänzen versammelten sich für die Tänze locker bis zu 5000 Leute auf dem Festplatz. Nun geht es per Bus und drei Tage Bootsfahrt retour nach Mandalay und ich kann die vielen Eindruecke verarbeiten, wie:

kein Strom in den Abendzeiten, weil der Staat einfach die Leitungen kappt und die ganze Stadt wegen den laufenden Generatoren zu brummen beginnt; Muell an jeder Ecke, Kinderarbeit vor allem in den Teehaeusern und im Strassenbau, Betelnuss kauende Maenner, Nudelsuppe zum Fruehstueck,...

und trotzdem ueberwiegt das Gefuehl inmitten von lachenden und grosszuegigen Menschen zu sein.

Aktualisiert ( Donnerstag, 28. Januar 2010 um 07:53 )