Tadjikistans tuerkise Seen Drucken
Geschrieben von: Lutzi   
Dienstag, 01. September 2009 um 12:22

Tadjikistans türkise Seen, wilde Berge und winkende Kinder

Mischa, ein junger tadjikischer Nomade lädt uns mit herzlichem Lachen und deutlichen Gesten zu sich nach Hause ein. Ja, warum eigentlich nicht?! Wir finden ihn sehr sympathisch und steigen mit ihm die letzten Höhenmeter zu seiner Kappa hoch, die am Rande der Fan-Berge liegt. So nennt man die sehr einfachen tunnelzeltähnlichen Unterkünfte der Hirten, deren Plane ein Patchwork aus Stoffresten und alten zusammengenähten Klamotten besteht. Trotz der Einfachheit strahlt sie vor allem innen drin eine warme Gemütlichkeit aus. Trotz Ramadan sitzen wir wenig später bei frischem Joghurt, Sahne, Brot und Tee. Mit seiner Familie haben wir eine lustige Zeit und leider bleibt unsere Unterhaltung oberflächlich, da unsere Tadjik- und Russischkenntnisse noch minimal sind. Abends warten wir in feierlicher Runde, die Minuten zählend, bis Mischa das Zeichen zum Gebet und Essen gibt. Das Tadjik-Pilau schmeckt vorzüglich und vor allem in den Bergdörfern erfahren wir noch etliche weitere derartige Einladungen, wie z.B. beim Deutschlehrer in Shing, der unsere Fragen zu Land und Leute gerne beantwortet.

Was für ein toller Start für unser Trekking durch das Fan-Gebirge, welches sich im Grenzgebiet zwischen Usbekistan und Tadjikistan erhebt - angeblich das schönste Gebirge in Zentralasien. Ich empfand es vor allem sehr wild und gewaltig in den Ausmaßen, aber auch sehr trocken. Die vielen türkis- bis azurblauen Seen, die lichten Wacholderwälder und die vergletscherten 4000 und 5000er bildeten dazu einen sehr starken und abwechslungsreichen Kontrast. Ein weiteres Highlight war, als wir neben etlichen Adlern auch einen Luchs zu Gesicht bekamen!

Dieser Ausflug war eine gelungene, wenn auch anstrengende Abwechslung zum Radeln.
Schon gleich nach der Grenze merkten wir den Unterschied. Insbesondere die Straßen waren deutlich schlechter. Selbst auf dem Asphalt zu fahren wird hier zu einer Herausforderung, weist er doch große Schlaglöcher und Wellen auf, die mir die Taschen vom Träger katapultiert. Selbst an der Hauptverkehrsstraße nach Dushanbe ist von dem ehemals vorhandenen Asphalt nur noch ein Flickwerk übrig und zu einer ruppigen Piste mutiert. Selbst fuer ein Fully waere das eine Herausforderung. Da jedoch kaum
Verkehr ist, können wir die volle Straßenbreite nutzen, um den besten Weg zu finden. Deshalb sieht die Regierung auch kaum eine Veranlassung, die Straßen wirklich auf Vordermann zu bringen. Etwas komisch wirkt, dass wir seit Tadjikistan viele alte Opel Astras und Mercedese sehen, die auf diesen Strecken gnadenlos getestet werden.
Was hier die besondere Motivation ist, sind die Leute am Wegesrand. Wir sind immer wieder fasziniert, wie uns nicht nur die Kinder zuwinken und Salom, Strasdvotschee und Hello hinterherrufen. Viele kommen über die Felder gerannt, um uns näher zu sehen, pfeifen uns sogar von der gegenüberliegenden Talseite zu. Und dieses Pfeifen ist sehr speziell. Den hohen Ton kann man kaum nachmachen und ist über Jahre einstudiert, dient er doch maßgeblich dazu, die Schafe, Ziegen oder Esel voranzutreiben. Zuweilen winken wir in ganzen Dörfern, was sehr motiviert. Die Dörfer sind oft ansprechend, mit Alleen aus Pappeln und Walnussbäumen, Obstplantagen mit Aprikosen und Äpfeln. Dazwischen die meist hübschen Häuschen aus Lehm mit den typischen hohen Wänden, wo sich dahinter grüne Gärten verbergen. Auch wenn Tadjikistan vom Pro-Kopf-Einkommen zu den ärmsten Ländern der ehemaligen Sowjetunieon zählt, muss hier wohl keiner wirklich hungern, da sie Selbstversorger auf hohem Niveau sind. Momentan ist die Ernte in vollem Gang und insbesondere am späten Nachmittag erleben wir die schönsten Situationen, wenn die Bauern ihre mit Heubündeln voll beladene Esel nach Hause treiben, sie das Heu auf ihren Flachdächern hoch auftürmen oder das geerntete Getreide im Wind hochwirbeln, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Die Arbeit ist mühsam, denn sie arbeiten mit ihren Handsicheln und nur ganz selten sieht man noch betriebsbereite Mähdrescher. Selbst die Sonnenblumenfelder entlang des Zarrafshon-Tales werden mit der Hand abgeschnitten und dann zu Öl verarbeitet.

Erst als wir auf die Strecke Taschkent-Dushanbe treffen, haben wir perfekten Asphalt unter den Rädern. Die Chinesen sind hier voll am Werk und bauen nicht nur Brücken und Tunnels, sondern rüsten das Tal mit Hochspannungsleitungen auf. Bevor wir die Hauptstadt Dushanbe erreichen, müssen wir allerdings noch den 3300m hohen Anzub-Pass überwinden, der mit den vielen Lkw´s und dem feinen Sand und Staub noch eine besondere Herausforderung wird. Gut dass es kurz vor der Einfahrt in die Stadt noch einen Badesee hat, der eine perfekte Abkühlung und Wäsche verspricht.
Dushanbe ist eine recht moderne und westlich orientierte Stadt, welche so gar nix mit dem Rest des Landes zu tun hat. Die breiten Boulevards sind umrahmt von hohen Platanen, welche angenehmen Schatten spenden. Das Leben verlaeuft ob der Hitze relativ ruhig und insbesondere die Jugend versucht sich auf westlich zu stylen, tragen Markenklamotten und zeigen sich betont laessig. Sogar die Supermaerkte sind fuer uns Radler prall gefuellt mit Leckereien. In zwei Tagen ziehen wir weiter gen Khorog, an die tadjikisch-afghanische Grenze.

Aktualisiert ( Mittwoch, 02. September 2009 um 14:05 )