Umgeben von Klöstern und Pilgern Drucken
Geschrieben von: Lutzi   
Dienstag, 27. Oktober 2009 um 10:05

Umgeben von Klöstern und Pilgern

 

Schon früh am Morgen können wir die tibetischen Pilger am Kloster Longwu in Repkong beobachten und lassen uns einfangen von ihren Gebeten und Koras, die sie um die diversen Tempel gehen. Überraschend war für uns, dass viele Mönche hier busweise ankommen und durch die Anlagen pilgern, eine Hand voll mit Räucherstäbchen, die andere mit Butterpaket, Gebetsfahnen und eine Flasche Schnaps. Hier wie schon im Kloster Ta’er (Kumbum) und anderen Tempeln am Weg, scheint es, dass sich die Tempel in ihrer Schönheit übertrumpfen wollen und wir sind immer wieder fasziniert von den verschiedensten Buddhastatuen, Thangkhas, Tempelschmuck usw. Aber die eigentlichen Highlights kamen unerwartet, so wie das Kloster White Horse mit seiner traumhaften Lage. Wie ein Adlernest liegt es an den Felsabbrüchen über dem Huang He, dem Gelben Fluss – einer der größten Wasseradern Chinas.

Ebenso überraschend war, als wir uns per Taxi durch den Naturpark Kanbula chauffieren ließen und im dort ansässigen Kloster ein buddhistisches Retreat miterleben durften. Viele einheimische Gläubige hatten in diese abgelegene Anlage ihren Weg gefunden und beteten voller Inbrunst und Anteilnahme. Der Tempel voll mit Mönchen und Nonnen, davor die Pilger; Frauen mit ihren extrem langen Haaren zu den typischen Zöpfen geflochten, Männer oft mit einem aufgesetzten Haarkranz, geschmückt mit roten Bändern.
Besondere Höhepunkte erlebten wir in den Klöstern rund um Repkong. Da gerade kaum mehr ausländische Touristen unterwegs sind, waren die Mönche recht aufgeschlossen und zeigten uns sonst verschlossene Tempel, wir konnten zusehen, wie gerade ein Sandmandala entstand, man gab uns Einlass zu einigen Gebetszeremonien, durften zusehen wie die vielen Mönche die tibetische Debatte führten. Außerdem durften wir an zwei Speisungen teilnehmen. Denn jetzt zur Winterszeit gibt eine reiche Familie Geld bzw. Nahrungsmittel und Essen für die ganze Dorfgemeinschaft. So bekamen wir zum Frühstück und Mittagessen den typischen Milchtee und Brot, wahlweise mit Tsampa, der gerösteten Gerste und Butter.
Was uns erstaunte waren die regen  Bautätigkeiten. Schon auf dem Weg nach Xining passierten wir auf etliche Kilometer Industrieanlagen und nahmen die unzähligen riesigen Wohnblocks wahr, die gerade in der Stadtperipherie entstehen. Wer hier alles wohnen soll? Aber auch entlang der Strecke von Xining nach Tongren waren wir immer wieder verblüfft mit welcher Energie und welchem Engagement Häuser, ganze Dörfer oder neue Straßen entstehen. Vor allem Frauen erledigen die gleichen harten Arbeiten wie Männer und schaufeln, schwingen den Pickel oder schleppen schwere Gegenstände. Besonders augenfällig aber sind die Renovierungsarbeiten an den unzähligen Klosteranlagen. Fast jedes Dorf in dieser Gegend arbeitet an neuen Tempeln, Stupas und Mönchsbehausungen. Viele entstehen ganz neu oder werden in liebevoller Hingabe erneuert. So sind auch unsere Radetappen gerade kurz, da wir mehr Augenmerk auf Sightseeing legen und durch die so unterschiedlich geprägten Dörfer schlendern oder an Straßenmärkten pausieren.
Wir sind zudem immer wieder angenehm überrascht, wie freundlich, jedoch auch zurückhaltend sie sind. So winken uns die Leute zu, aber dabei bleibt es meistens auch. Erst in den rein tibetischen Dörfern werden wir vermehrt auch zum Übernachten eingeladen. Mittlerweile haben wir auch schon den markanten Duft der Tibeter angenommen – eine rauchige Mischung aus Yakdung, Stroh und den Opfergaben aus Tsampa und Wacholder. Irgendwie lustig anmutend sind die Gesten der Tibeter: der weit geöffnete Mund, der kein Geräusch verursacht, wenn man etwas nicht versteht; die Schnute, die uns die gefragte Richtung weist; die herausgestreckte Zunge als Begrüßung.
Auch landschaftlich präsentierte sich die Strecke von Xining nach Xiahe unerwartet abwechslungsreich. Nur wenige hohe Pässe waren zu queren und so waren die Temperaturen zudem sehr angenehm. Bei oft schönem, stabilem Herbstwetter sahen wir noch etliche bunt verfärbte Laubwälder und auch einige Nadelwälder – eine Mischung aus Tannen-, Fichten- und Wacholderarten. Außerdem sahen wir etliche rote Sandsteinformationen im Wechsel von engen Schluchten und weiten Graslandschaften.
Was bleibt ist die tiefe Verwurzelung des Glaubens in der Bevölkerung. Die Klöster in jedem Dorf, angekündigt von Stupas und Gebetsfahnen, die vielen jungen Mönche, das unablässige Murmeln des Om mani padme hum. Aber es bleibt auch deutlich spürbar, dass es nur bedingt zu einer Vermischung von Tibetern, Hui und Han kommt. Sie leben durchwegs in ihren eigenen Vierteln und nur in den Städten sieht man mal Mönche in einem Moslem-Restaurant oder einige Hui in buddhistischen Anlagen als Touristen. 

Bevor es wieder zurück auf das Qinghai-Plateau geht, lassen uns wir noch mal von den Pilgerströmen und den wild aussehenden Tibetern in Bann ziehen.