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Bei den Khampas PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Lutzi   
Montag, 23. November 2009 um 12:45

In Kunming, der angeblichen Stadt des ewigen Fruehlings in der Sonne sitzend, denke ich grinsend an die letzten Wochen zurueck. Die Kaeltewelle, die uns bis hierher in die suedwestlichste Provinz Chinas eingeholt hat, ist mittlerweile weg und kann mir nix mehr anhaben. Beim Cafe jedoch schweifen meine Gedanken zurueck:


Pilgerszenen an der groessten Manimauer der Welt mit angeblich ueber 2 Billionen Gebetssteinen, aufgeschichtet zu einem kuenstlichen Berg; Tibeter, die absolut ins Gebet vertieft unzaehlige Male die Kora um die grosse Klosteranlage in Sierchu laufen; so lebendige tibetische Debatten der jungen Moenche, welche sich in der Nachmittagssonne im Innenhof eines Tempels versammelt haben. Ausserdem hatten wir Glueck in Derge zwei Tage lang ein Maskenfest im Kloster miterleben zu duerfen und tauchten ein in diese mystische Welt, die fuer uns nur schwer zu begreifen ist. Umringt waren wir von der so tiefglaeubigen, bodenstaendigen Gemeinde. Insbesondere die Frauen hatten zu diesem Anlass ihren besten Schmuck angelegt - und die Frauen dieser Region erkennt man schon von Weitem an ihrem grossen Tuerkis in den Haaren.

Die Pilger und Fußgänger! Auf dem Weg nach Lhasa. Selbst wenn sie nur laufen und sich nicht niederwerfen sind sie über 2 Monate unterwegs, mit aufgeschnallten Säcken, oder ihre Habseligkeiten in einer Rikscha ziehend.

Richtig hübsch waren ebenfalls die Holzhäuser im Blockhausstil anzusehen, die über dem schmalen Tal an den steilen Hängen, jede mögliche Stelle nutzend, klebten. Nach Derge überwanden wir den 5050m hohen Cholapass, der mit die Königsetappe war. Die Berge hier wild, an die Granitspitzen in Chamonix ebenso wie an die kahle Landschaft am Julierpass erinnernd, musste ich mich allerdings recht anstrengen, denn Tage zuvor hütete ich aufgrund einer Erkältung das Bett. Selten habe ich mehr gespannte Gebetsfahnen gesehen wie hier in der Provinz Nordsichuan und dem Khamgebiet. Über jedem Bach, jeder abgegangenen Mure, jedem besonders großen Baum, an Felsen… einfach überall flattert es bunt in die Lüfte. Ebenso toll war die Hochebene, mit Yaks, welche mittlerweile neben zugefrorenen Bächen und im Schnee stehend, weideten; Khampas, die sich auf über 4600m dauerhaft niederlassen, all die Bussarde, Adler, Geier, Eulen, Antilopen, Wildesel… zum Greifen nah.
Aber ich erinnere mich auch an die Kältewelle, der wir bis Kunming nicht so recht entkommen konnten. Hier, in der angeblichen Stadt des ewigen Frühlings, schneite es bei unserer morgendlichen Ankunft mit dem Zug. in Kunming, der angeblichen Stadt des ewigen Frühlings - dieses Mal auf die Kakteen, Palmen und Blumen. Aufgrund des anhaltenden Schneefalls nahmen wir Busse und den Zug bis hierher nach Kunming, die Hauptstadt der südwestlichsten chinesischen Provinz. Ehrlich gesagt war ich froh, heil hier anzukommen, denn etliche Pässe legten unsere Busse nur mehr mit aufgezogenen Ketten auf recht wilden Pisten und abenteuerlichen Straßen zurück
Oder ich denke zurück an unsere letzte Zeltnacht am Fuß der Cholaberge, denn am Morgen war unser Zelt verdächtig eingedrückt und unser vager Blick nach draußen bestätigte unsere Vermutung: Wir hatten gut 10 cm Neuschnee. Wer mich kennt, weiß wohl, dass ich nicht gerade verfroren bin. Hier jedoch gibt es kaum einen Platz, um sich wärmen zu können. Selbst in unseren Hotelzimmern hatten wir Temperaturen um den Gefrierpunkt und so war ich froh, um die tollen Heizdecken auf der Matratze, die ich die ganze Nacht auf höchster Stufe brennen ließ. Ansonsten sitzen die Chinesen und Tibeter in ihren garagenähnlichen Verkaufsräumen, verbrennen Holz und Abfall direkt am Boden, nur um es etwas wärmer zu haben. Türen kennen sie nicht, denn fast alle haben nur die Metallrolladen, die sie zum Öffnen einfach hochschieben.

 

Nun – wie gesagt – es ist wieder warm, ich genieße das Großstadtfeeling, sitze barfuß im Park, mache Sightseeing, ratsche mit den erstaunlich vielen hier gestrandeten Weltumradler und plane meine weitere Reise. Selbst in der fast schon europaeisch wirkenden Innenstadt findet man in den Randbezirken noch alte Viertel, selbst Pferdewagen, Maenner grosse Bambuspfeifen rauchend, Chinesen, die das chinesische Schachspiel den ganzen Tag ueber spielen.

Bevor wir nach Myanmar Mitte Dezember einreisen, werden wir allerdings noch ein neues China-Kapitel aufschlagen und im Süden Yunnans entlang der laotischen und birmesischen Grenze entlangradeln.

 

Aktualisiert ( Samstag, 28. November 2009 um 13:27 )