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Ins Herz des Westpamirs PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von: Lutzi   
Dienstag, 22. September 2009 um 04:40

Ins Herz des Westpamirs

 Von Khorog aus, entscheiden wir uns für eine Runde durch das Shakdara Valley, welches mit köstlichen Aprikosen und einem wunderschönen Canyon aufwartet, welcher im Nachmittagslicht besonders leuchtet. Schön ist auch der in Tadjikistan recht seltene Wald. Mittlerweile beginnen schon manche Bäume, sich zu verfärben und den baldigen Herbst anzukündigen. Dafür genießen wir das stabile Wetter, wenn auch die Abende oft recht windig und kalt sind. Deshalb sind wir immer auf der Suche nach den vielen Hot Springs und Thermalbäder in dieser Gegend. So wie an diesem Abend. Die Motivation abends in einem heißen Pool zu liegen ist groß. Leider bestätigen sich die Angaben der Einheimischen nicht und so fragen wir schon leicht durchgefroren, weil es mittlerweile sehr spät geworden ist, einen uns entgegenkommenden älteren Herrn, ob er in seinem Dorf eine Übernachtungsmöglichkeit weiß. Ohne zu zögern lädt er uns in seinen Pamiri Dome ein. Wir freuen uns über diese Einladung – ohne zu wissen, dass wir das Rad erstmal über Felsen und Stufen zu seinem großen Haus hochhieven müssen. Dieses weist im Inneren wie hier üblich einen Vorraum auf und im Anschluss daran den eigentlichen Aufenthaltsraum, welcher auf fünf Holzstützen ruht und den ismailitischen Glauben ausdrückt. Ich erlebe mir sehr nahegehende Begegnungen mit ihm und insbesondere seiner ältesten Tochter, die mit ihren schelmischen Augen und ihrem Lachen alle Kommunikationsbarrieren bricht. Nach kurzer Zeit sehe ich mich tanzend mit ihr im Haus, bekommen wir leckere Kartoschkas (Kartoffel) und trinke mit ihrer Mama etliche Schluck Wodka. Wirklich schade, dass wir nicht länger bleiben –hier habe ich mich sehr wohl gefühlt und werde sogar mit dem typischen Wangenkuss verabschiedet.
Weiter in diesem landschaftlich abwechslungsreichen Tal beeindrucken uns immer wieder die Blicke auf die formschönen Angel-Peak (6500m) und Karl-Marx-Peak (6700m) und entschädigen für die teils ruppige und anstrengende Piste, v.a. über den Pass zum Turumtai Kul (Kul = See). Mittlerweile hat sich die Landschaft komplett zur typischen grau-braun-gelben Pamir-Steinwüste gewandelt und die wenige Vegetation beschränkt sich auf kurz wachsende Grasbüschel und spärliche Blumen. Umso mehr leuchtet der blaue See inmitten dieser kargen Landschaft.
Nach gut zwei Tagen stoßen wir auf den Pamir-Highway und rollen auf dem Asphalt flott bergab nach Jelondy – unserem ersten Sanatorium, wo wir das Thermalbad voll auskosten, die letzten Reste der Küche verspeisen und mit Schweizer Radlern einen netten Abend verbringen. Anderntags brausen wir die Hauptverbindung nach Khorog hinunter – ohne große Anstrengung, kaum Verkehr und unerwartete Blicke auf schneebedeckte, wilde Bergformationen. Mittlerweile ist wie wohl auch zuhause Viehabtrieb, nur weniger spektakulär. Immer wieder treffen wir auf Halbnomaden, die ihre Schafe, Ziegen und Kühe gen Tal treiben.
Zurück in unserem Guesthouse in Khorog treffe ich zufällig auf einen Bekannten, der auf dem Weg zum afghanischen Pamir-Festival ist, was wir bei einem netten Abend mit kühlem Bier feiern. Wie klein die Welt doch ist.


Aktualisiert ( Dienstag, 22. September 2009 um 06:46 )